Ayten Öztürk wurde aus dem Libanon in die Türkei verschleppt. 6 Monate lang wurde sie in einem Geheimgefängnis auf schlimmste Weise gefoltert. Danach ließen ihre Peiniger sie an einem unbekannten Ort in Ankara frei. Kurz darauf wurde sie von der Antiterrorpolizei TEM festgenommen. Heute steht sie vor Gericht. Dort hat sie erstmals über ihr Martyrium berichtet.
Bislang sind 27 solche Fälle bekannt, in denen Personen mit schwarzenTransportern entführt und dann in geheime Foltergefängnisse gebracht wurden, die auch als türkische Guantanamo bezeichnet werden. Ayten Öztürk ist die erste Frau von der bekannt wurde, dass sie in einem solchen geheimen Foltergefängnis des türkischen Geheimdienstes MIT gefoltert wurde. Als Frau war es für Öztürk besonders schwierig, da sie während der Folter auch vergewaltigt wurde.
Mit ihrem Bericht zu ihrem Martyrium will Ayten Öztürk ein Zeichen setzen. „Es soll aufhören,“ sagt sie und erzählt dem Gericht detailliert, was die Peiniger ihr angetan haben. Ihre Aussagen decken sich mit denen von anderen Insassen, die ebenfalls das geheime Folterzentrum überlebt haben.
CEVHERİ GÜVEN
Nachdem Ayten Öztürk am 8. März 2018 im Flughafen der libanesichen Hauptstadt Beirut festgenommen wurde, wurde sie später türkischen Behörden übergeben und mit einem Privatflugzeug in die Türkei verschleppt. Erst ein Jahr später wurde sie vor ein Gericht gestellt. Dort erzählte sie erstmals über ihr 6 Monate anhaltendes Martyrium in einem geheimen Folterzentrum in Ankara.
Offiziell fängt die Untersuchungshaft von Ayten Öztürk im Polizeirevier der Antiterrorpolizei TEM in Ankara am 28. August 2018 an. Das entspricht allerdings nicht der Realität, denn Sie wurde am 13. März illegal in ein geheimes Verhörzentrum gebracht und dort 6 Monate lang gefoltert. Anschließend wurde die Frau mitten in der Nacht in einem offenen Gebiet in Ankara ausgesetzt und praktisch der Polizei übergeben.
Verlorene 6 Monate
Ihre 6 Monate anhaltende schwere Folter hat Öztürk dem 3. Gericht für schwere Straftaten in Istanbul vorgetragen. Dort wird ihr Fall wegen der Mitgliedschaft in der verbotenen DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) verhandelt. Sie wurde offenbar in dem selben geheimen Gefängnis verhört, wie die Männer, die mit schwarzen Transportern in der Türkei entführt wurden.
Öztürk wurde mit verbundenen Augen am 13. März 2018 von libanesischen Beamten an türkische Sicherheitskräfte übergeben und anschließend mit einem Privatflugzeug in die Türkei geflogen. In dem annähernd 6 Monate anhaltenden anschließenden Aufenthalt in dem geheimen Folterzentrum bis zum 28. August war die Frau schwerster Folter ausgesetzt.
Ihr vor dem Gericht vorgetragener 12-seitiger Brief zu ihrem Martyrium deckt sich mit den Berichten der Männer, die mit schwarzen Transportern entführt wurden. Bislang sind 27 solche Fälle bekannt, in denen Anhänger der Gülen-Bewegung mit schwarzen Transportern entführt wurden. Diese hatten berichtet, dass in dem Geheimgefängnis auch andere gefoltert wurden, die syrische Kurden sein könnten.
Ayten Öztürk stammt aus einer arabischstämmigen Familie aus Syrien. Die Universitätsabsolventin lebte mit ihrer Familie im türkischen Hatay und später dann in Syrien und dem Libanon. Weil ihre Lebensverhältnisse sich verschlimmert hatten, wollte Öztürk nach Europa und wurde dann im Flughafen von Beirut festgenommen und dann an türkische Sicherheitskräfte übergeben.
„Hier ist es wie in der Hölle“
Nach dem die Frau in die Türkei gebracht wurde, bekam sie Schläge, Eletroschocks, und wurde sexueller und psychischer Gewalt ausgesetzt. Wegen der Folter gab es an ihrem Körper Hunderte Wunden und sie wog am Ende nur noch 40 kg. Öztürk wurde von Männer gefoltert, die betont hatten, sie hätten Wissen über die menschliche Anatomie. Ihr Körper sei bei der Folter mehrfach kollabiert, erzählt die Frau. In solchen Fällen sei ein spezielles Team gekommen und habe sie medizinische behandelt, berichtet die Frau. Danach habe man die Folter fortgesetzt. Die Frau bezeichnet das geheime Foltergefängnis als „Hölle.“ Über dem Foltertrakt habe sie Schritte gehört, die an Frauenschuhe erinnern. Deswegen vermutet sie im Kellertrakt eines offiziellen Gebäudes festgehalten worden zu sein.
Sie berichtet während der Folter nackt ausgezogen worden zu sein. Man habe sie etwa mit Schlagstöcken vergewaltigt. Dutzende Foltermethoden wie das Waterboarding, Zwangsernährung, Verbrennen der Finger, und das sog. Pfalhängen habe man an ihr angewendet. Zudem sei sie auch in eine Kiste eingesperrt worden, die ihre Peiniger als „Sarg“ bezeichneten.
Öztürk ist die einzige Frau von der man weiß, dass sie während des Ausnahmezustandes in ein Folterzentrum in Ankara gebracht wurde. Bei der Frau habe man wegen ihres Geschlechts auch andere Foltermethoden angewendet, besonders während ihrer Periode. Sie habe von ihrer Zelle aus Weinen, Schreie und andere Foltergeräuche gehört. Sie habe etwa gehört, wie die Peiniger ihren Opfern Fragen wie „soll ich deine Abis bringen“ gehört haben.
Brief von Mustafa Özgür Gültekin an Gericht übergeben
Unterdessen hat auch die inzwischen verbotene linke Rechtsanwaltskanzlei „Halkın Hukuk Bürosu,“ deren Rechtsanwälte auch Öztürk verteidigen, dem 3. Gericht für schwere Straftaten in Istanbul einen Brief des am 21. Dezember 2016 in Ankara entführten Mustafa Özgür Gültekin übergeben (Az. 2014/105). Die Anwälte betonen, dass der offensichtlich im Rahmen der Razzien gegen Mitglieder der Gülen-Bewegung entführte Gültekin sowie Öztürk im selben Verhörzentrum gefoltert wurden. Die Rechtsanwälte fordern aufgrund der Beweise und Schreiben der beiden Folteropfer entsprechende Ermittlungen gegen ihre Peiniger.
Untersuchungshaft wird fortgesetzt
Öztürk machte am ersten Tag ihrer Gerichtsverhandlung einen erschöpften Eindruck. Das Folteropfer erzählte von ihren gesundheitlichen Problemen wegen ihres Martyriums. Sie werde deswegen lebenslang Medikamente einnehmen müssen. Sie könne nur mit der Hilfe ihrer Mitgefangenen ihr Leben in der Zelle bewältigen und forderte deswegen ihre Entlassung.
Die drei Richter der Strafklammer, bestehend aus einer Frau und zwei Männern, entschieden zunächst, dass die Verhandlung am 3. Oktober 2019 fortgesetzt wird. Die nächste Verhandlung in der Sache findet am 9. Januar 2010 statt.
Wir werden die Übersetzung von Ayten Öztürks 12-seitigen Brief über ihr Martyrium an das 3. Gericht für schwere Straftaten in Istanbul am 7. November 2019 veröffentlichen.
(Die deutsche Version des Textes ist redaktionell leicht bearbeitet worden.)
https://boldmedya.com/de/2019/11/06/gegenstaenden-von-opfern-tuerkischer-repression-werden-ausgestellt/