(msi) In Giresun Eynesil ist es im vergangenen Jahr zum Tod der 11-jährigen Rabia Naz Vatan gekommen. Sie wurde am 13. April 2018 verletzt aufgefunden und verstarb später im Krankenhaus. Zunächst ging man von einem Unfall oder Selbstmord aus. Ihre Familie wollte allerdings nicht an ein solches Unglück als Todesursache glauben. Vater Şaban Vatan geht davon aus, dass seine Tochter von einem Auto angefahren wurde.
„Meine Tochter wurde von einem Auto angefahren aber es ist nicht die Todesursache,“ sagt Vater Şaban Vatan damals. Unbekannte hätte ihre Tochter angefahren und vor dem Haus abgelassen um so einen Selbstmord der Tochter vorzutäuschen. Dort sei sie dann ihren Verletzungen erlegen.
Bürgermeister und Abgeordneter wollen Einstellung von Ermittlungen
Dem Vater zufolge habe der AKP-Abgeordnete Nurettin Canikli sich in die Sache eingeschaltet um die Ermittlungen einstellen zu lassen. Vermutungen zufolge steckt hinter dem Tod von Rabia Naz ein Neffe von Coşkun Somuncuoğlu, dem Bürgermeister von Giresun Eynesil.
Zeuge widerruft Aussage
Ein Zeuge bestätigt die Vermutung des Vaters: „100 bis 150 Meter von Şabans Haus hörte ich ein Wimmern. Zunächst dachte ich, es käme von einem Hund. Als ich mich der Stimme näherte, sah ich ein Mädchen, dass auf dem Rücken lag. Als ich sie erstmals sah, schrie sie. Sie sprach nicht, ich sah kein Blut. Sie hatte eine Schuluniform an,“ sagte Mürsel Küçükal.
Später hatte der Zeuge aber behauptet, er hätte ein dumpfes Geräusch in der Nähe des Hauses der Familie Vatan gehört, etwa so, als ob jemand möglicherweise von etwas höherem runterfällt und auf dem Boden aufschlägt. In der Straße des Hauses will der Zeuge aber kein auffälliges Fahrzeug bemerkt haben.
Weiterer Zeuge bestätigt Fremdverschulden
Ein weiterer Zeuge bekräftigt ebenfalls die Vermutung des Vaters. Canikli sei zu der Nachbarin Şermin Dede gegangen und habe um Hilfe gebeten. „Als ich sie gesehen habe, dachte ich, sie sei von jemanden einfach dahingelegt worden,“ sagte im März die Nachbarin zu BBC Türkçe. Ihre Kleidung sei sauber und nicht verdreckt gewesen.
Experte: Keine konkreten Hinweise auf Selbstmord
Die Familie hatte die Hacettepe Universität in Ankara um eine Untersuchung gebeten. Das Ergebnis war wie erwartet: Konkrete Hinweise auf einen Selbstmord seien nicht zu erkennen. Es sei wahrscheinlich, dass das Kind von einem Auto angefahren wurde.
„DNA von mehr als einem Mann“
Immer mehr verdichten sich die Hinweise, dass hier Rabia Naz durch Dritte getötet wurde. So hätten die Gerichtsmedizin in Trabzon bei dem Mädchen „DNA-Spuren von mehr als einem Mann gefunden.“ Das wollten die Gerichtsmediziner vor dem Vater allerdings verheimlichen.
Journalisten und Vater werden festgenommen
Wer unangenehme Frage stellt, bekommt Probleme mit der Staatsmacht. Die Journalistin Canan Coşkun und ihr Kollege Kazım Kızıl Eynesil wurden am 13. November 2019 festgenommen. Sie befanden sich in der Stadt um über den Fall zu recherchieren.
Die Journalistin Tuba Demir wurde wegen ihrer unangenehmen Fragen im Fall Rabia Naz zum Verhör bestellt. Zudem wurde ihre Wohnung von Polizisten durchsucht. Sogar der Vater Şaban Vatan wurde kurzfristig festgenommen.
Unterstützung für Vater von Rabia Naz
Noch sind Hintergründe um den Tod des Mädchens Rabia Naz nicht aufgedeckt. Zu groß ist die Mauer, hinter der sich die Verantwortlichen verstecken können. Doch Vater Şaban Vatan bekommt besonders durch die Sozialen Medien starke Unterstützung. Immer mehr Menschen sehen in dem Fall ein Paradebeispiel dafür, wie die Mächtigen im Land ihre eigenen Straftaten oder die ihrer Verwandten vertuschen können. Das wollen viele in der Türkei nicht mehr mitmachen.