Deutschland und auch der Rest der Welt ist derzeit wegen der Corona-Krise in einem Ausnahmezustand. Ganze Länder kommen zum Stillstand, lediglich systemrelevante Berufe werden noch ausgeübt und die Bevölkerung wird zu sozialer Distanz aufgerufen. Kein Näherrücken, sondern Isolation. Das ist das Gebot der Stunde. Wer dagegen verstößt, muss mit Bußgeldern rechnen. Dabei ist es die Aufgabe der Staaten, für das Wohl ihrer Bürger zu sorgen. Auch Asylantragsteller in den Flüchtlingsheimen sind gefährdet und brauch ausreichenden Schutz und medizinische Versorgung. Doch beim Kampf gegen das neuartige Virus geraten einige Dinge aus den Fugen. Sichtbar wird das derzeit in einem Flüchtlingsheim in Hessen.
von Cevheri Güven
BOLD — Raşit Orhan ist ein türkischer Flüchtling und lebt derzeit gemeinsam mit seiner Frau Çiğdem in einem Flüchtlingsheim im hessischen Gießen. In diesem Heim haben sie sich an dem neuartigen Covid-19 Virus infiziert. Als das Ehepaar am 19. März die beschriebenen Symptome bei sich erkannten, suchten sie den Arzt des Heimes auf. Raşit Orhan wurde positiv auf das neuartige Coronavirus getestet, jedoch nicht ins Krankenhaus eingewiesen. Seine Ehefrau wurde hingegen nicht getestet, da ihre Symptomatik schwächer war. Jedoch sei aufgrund des natürlichen engen Kontaktes zwischen Eheleuten nicht ausgeschlossen, dass sie auch mit dem Virus infiziert sei.
Seit der Diagnose wurde Familie Orhan gemeinsam mit einem afrikanischen Flüchtling in einem Zimmer im Heim isoliert. Den Arzt habe Orhan seither nicht nochmal gesehen. Es seien auch keine medizinischen Maßnahmen ergriffen worden, “da es keine Therapie für diese Krankheit gebe”, zitiert Orhan den Arzt. Das ist soweit auch bekannt. Tatsächlich wies auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf hin, dass es derzeit eine der größten Herausforderungen ist, mit einer Krankheit zu kämpfen, für die es noch keine Therapie gibt. So werden Flüchtlinge wie auch der Rest der Bevölkerung im Falle einer Infektion in Quarantäne gestellt. So auch Familie Orhan. Seit der Diagnose haben sie das Zimmer nicht verlassen.
Ernährungsprobleme durch Isolation erschweren Heilungsprozess
Ihr einziger Kontakt sei das Sicherheitspersonal des Heimes. Auch mit ihnen würden sie zum Schutz nur über eine sehr große Distanz kommunizieren. Zwar ginge es Orhan langsam etwas besser. Doch er beschwert sich darüber, dass ihnen der Zugang zu heißem Wasser nicht ermöglicht werde, damit sie sich warme Speisen vorbereiten können. Aufgrund seiner Krankheitssymptome habe er große Probleme das Essen des Heimes zu verzehren. Deshalb wolle er eigentlich selber kochen, doch man stelle ihm auch keinen Wasserkocher zur Verfügung. Dass einige andere Heimbewohner ihnen Obst bringen, täte ihnen sehr gut. In dieser Phase hätten sie einen erhöhten Bedarf an gesunder, vitaminreicher Ernährung. Doch die Verwaltung des Heimes würde beispielsweise nicht gestatten, dass von Draußen Essen bereitgestellt werde. Diesen Umstand, so die Bitte von Orhan, solle man zumindest in dieser Genesungsphase auflockern.
Verfolgt wegen Nähe zur Gülen-Bewegung
Erst am 8. März sei die Familie Orhan nach Deutschland gekommen. In der Türkei war der Lehrer zuvor für 11 Monate in Untersuchungshaft. Anschließend wurde er zu 6,5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Als seine Ehefrau ihren Mann in der Haft besuchte, wurde auch sie festgenommen. In Deutschland plant die Familie ein Leben in Freiheit. Aufgrund der Corona-Krise ruft der betroffene Orhan jeden dazu auf, sich an die staatlichen Auflagen zu halten.