Ein Berater des Parteichefs der nationalistischen MHP sorgt mit einem skandalösen Vorschlag für Aufregung. Demnach sollen aufmerksame Bürger die Wohnungstüren von Gülen-Anhängern mit einem roten Kreuzen markieren. Das forderte Metin Özkan, der Berater des MHP-Chefs Devlet Bahçeli während einer Live-Sendung im CNNTürk.
Hintergrund für diesen Vorstoß sind jüngste Angriffe auf Aleviten in der Türkei. Dabei wurden die Wohnungstüren einiger Aleviten mit roten Kreuzen markiert. Diese aus der Vergangenheit bekannte Praxis der Verfolgung von Aleviten in der Türkei war in den letzten zwei Monaten wieder öfter vorgekommen.
Der MHP-Berater Metin Özkan sprach in einer Sendung bei CNNTürk über diese jüngsten Angriffe auf Aleviten. Dabei schweifte Özkan aus und setzte einen skandalösen Vorschlag in die Welt: “Ich möchte hiermit auch die Ehr- und Sittenlosen verurteilen, die in Izmir Wohnungstüre von unseren alevitischen Mitbürgern markiert haben. Hätten sie stattdessen lieber ihre Augen aufgehalten und die Türen der Gülen-Anhänger markiert. Dann hätten wir sie ganz schnell gefunden.”, so der Öffentlichkeitschef von Devlet Bahçeli. Ein weiterer Gast in der Sendung versuchte dazwischen zu sprechen, um die Worte etwas zu entkräften. Özkan ließ das aber nicht zu und fuhr damit fort, dass man Gülen-Anhänger nicht in Schutz nehme solle. Diesen dürfe man alles antun.
Rote Kreuze an Wohnungstüren haben historischen Hintergrund
Dabei haben rote Markierungen an Wohnungstüren einen ernsthaften Hintergrund in der türkischen Geschichte. So wurden bei dem “Massaker von Maraş” 1978 Haus-und Wohnungstüren von Aleviten in der südtürkischen Stadt Kahramanmaraş mit roten Kreuzen markiert. Wenig später wurden diese Wohnungen Opfer von brutalen Anschlägen. Dabei kamen 120 Aleviten ums Leben, 200 Häuser von Aleviten wurden in Brand gesetzt.
Solche Vorfälle von Nationalisten in der Türkei sind nicht neu und kommen von Zeit zu Zeit vor. Die Polizei nimmt ihre Ermittlungen erst nach öffentlicher Kritik auf.
In den vergangen Jahren häuften sich diese rassistischen Angriffen und zielten jedoch immer mehr auf Anhänger der Gülen-Bewegung. Der Bewegung um den islamsichen Prediger Fethullag Gülen wird vorgeworfen, hinter dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 zu stecken. Seither geht der türkische Staat rigoros gegen tatsächliche und mutmaßliche Anhänger vor. Dabei wird kein Unterschied zwischen denen gemacht, die tatsächlich oder mutmaßlich an der Putschnacht beteiligt waren oder einfachen Zivilisten, die bloß eine ideelle Verbindung zum Netzwerk Fethullah Gülens haben. Erdoğans Regierungspartner Devlet Bahçeli sagt, dass die Türkei vollständig von der Gülen-Bewegung befreit werden müsse. Der türkische Innenminister und Hardliner Süleyman Soylu etwa sprach gar von einer endgültigen Ausradierung der Gülenisten.
Metin Özkan, der Medien und Kommunikationsberater von Devlet Bahçeli, setzte in der Live-Sendung sogar noch einen drauf. Durch die Markierung würden Gülen-Anhänger schneller erkannt werden. Für Özkans Geschmack gibt es weiterhin zu viele Anhänger der Gülen-Bewegung in der Türkei.
Weder Entschuldigung noch Richtigstellung
Die Worte des MHP-Beraters wurden in den sozialen Medien stark kritisiert. Einige Personen haben Özkan Hassverbrechen vorgeworfen. Dennoch gab es bislang weder von Özkan selbst, noch von seiner Partei MHP eine Entschuldigung oder Richtigstellung. Die türkische Regierung bezeichnet die Gülen-Bewegung als FETÖ und wirft damit der Bewegung einen terroristischen Hintergrund vor. Nach Informationen des türkischen Innenministeriums erfolgten in den letzten drei Jahren juristische Prozesse gegenüber 500.000 Menschen mit einer Nähe zur Gülen-Bewegung. Schätzungsweise sind etwa 30.000 Gülen-Anhänger weiterhin inhaftiert. Ein Großteil davon war vorher an Schulen als Lehrer tätig.