Derzeit befinden sich im Polizeipräsidium von Ankara rund 80 Studenten in Untersuchungshaft. Sie sollen dort gefoltert und verhört werden. Studentinnen würden durch männliche Polizeibeamte geschlagen. Was werfen die Beamten der Antiterrorpolizei TEM den Studenten vor?
von Cevheri Güven
Am 28. Februar hat die Antiterrorpolizei TEM in Ankara 80 Studenten inhaftiert. Seit Tagen werden diese Studentinnen und Studenten unter schwerster Folter befragt und festgehalten. Diese exklusive Information wurde der BOLD-Redaktion über die Anwälte und Familien der Studenten zugespielt.
Festnahmen im Morgengrauen
Einige der festgenommenen Studenten sind Jahrgang 2002. Somit befinden sich unter den Studenten auch 18-Jährige. Nach Angaben ihrer Familienangehörigen und Anwälten wurden alle Studentinnen und Studenten im Morgengrauen des 28. Februar festgenommen.
Die Folterer bedauerten, dass in der Putschnacht vom 15. Juli 2016 kein Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Denn wäre ein Krieg entfacht, hätten sie diese Studenten und viele weitere ganz einfach töten können. Dabei waren viele unter den derzeit inhaftierten Studenten während des Putschversuchs noch minderjährig.
Studentinnen durch männliche Beamten verprügelt
Entgegen aller legalen Prozeduren bezüglich der Untersuchungshaft in türkischen Gefängnissen, würden die Studenten bis zu drei Mal am Tag mehrere Stunden verhört. Bei diesen außerordentlichen Verfahren soll es auch zum Einsatz von schwerer körperlicher und psychischer Folter gekommen sein.
Beispielsweise sollen bei einer Befragung bis 03:30 Uhr in der Nacht Studentinnen Handschellen hinter dem Rücken angebracht worden sein. Sie seien gezwungen worden mit dem Gesicht gegen die Wand zu stehen. Dabei sollen sie von vier männlichen Polizisten auf ihre Rücken und in den Nierenbereich geschlagen worden sein. Glaubt man dem Bericht der Rechtsanwaltskammer in Ankara wurden weit schlimmere Methoden der Folter angewandt. Laut Kammer seien die Studenten bis auf die Unterwäsche ausgezogen worden. Über ihre Köpfe seien Tüten gestülpt worden, um die Atmung kurzzeitig zu verhindern.
Auch werde den Studenten bei der Antiterrorpolizei in Ankara der Gang zur Toilette und Verpflegung verweigert. Entgegen den Befugnissen der Sicherheitsbehörden würden die Befragungen in Zimmern ohne Kameras durchgeführt. In diesen Zimmern würden die Befragungen durch externe Polizisten durchgeführt, die ihre Namen und Funktion nicht preisgeben würden.
Neu-Strukturierung der Gülen-Bewegung?
Gegen die Studentinnen und Studenten wird vorgeworfen, dass sie die Neu-Strukturierung der Gülen-Bewegung vorantreiben würden. Laut den Eltern der Studenten handelt es sich bei den derzeit inhaftierten Studentinnen und Studenten um Kinder von Personen, die zu den sogenannten “KHK´lern” zählen. Unter dem Begriff “KHK´ler” werden in der Türkei diejenigen bezeichnet, die einst im Staatsdienst tätig waren, aber nach dem Putschversuch per Dekret entlassen wurden. Sie werden mit Unterstützung für Terrororganisationen in Verbindung gebracht, weil sie vermeintliche Gülen-Anhänger seien. Die verzweifelten Eltern sagen, dass ihre Kinder in der Gesellschaft und auch durch den Staat als sog. “Persona non Grata” behandelt würden. “Als hätten sie eine Seuche,” so eine Mutter in größter Sorge.
Der Text wurde für deutsche Version redaktionell bearbeitet. Das Original finden Sie hier.