Ercivan Özcan wurde im Gefängnis von Manisa gefoltert, infolgedessen sein Arm gebrochen wurde. Jetzt hat Özcan es geschafft, zwei Gefängniswarter verhaften zu lassen, die ihn gefoltert haben – trotz Gesetzen, die Folterei in Gefängnissen schützen.
Von Cevheri Güven
Ercivan Özcan wurde in der türkischen Stadt Manisa während seiner Haftzeit von Gefängniswärtern gefoltert. Dabei wurde Özcas linker Arm gebrochen. Zu dieser Zeit hatte der Mann eine Lungenentzündung. Nach seiner Heilungsphase im Krankenhause musste er zurück ins Gefängis. Dort hat er, trotz Druckausübung der Gefängnisverwaltung, juristische Wege gesucht, um gegen die zwei Folterer vorzugehen. Mit Erfolg: Die zwei Gefängniswärter, die Özcan folterten, haben nicht nur ihren Beamtenstatus verloren, sondern wurden gleichzeitig auch zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt.
Ercivan Özcan, der im Kreis Turgutlu bei Manisa lebt, wurde am 1. September 2016 wegen Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung festgenommen. Sein Vermögen wurde dabei beschlagnahmt. Özcan war 18 Monate lang inhaftiert, wurde dann aber schon bei seiner ersten Gerichtsverhandlung freigesprochen.
Folter trotz Lungenentzündung
Als Ercivan Özcan festgenommen wurde, war er 57 Jahre alt. Nach eigenen Angaben war er in einer Zelle inhaftiert, die eigentlich nur für 10 Personen vorgesehen war. Tatsächlich waren aber 30 Personen in dieser Zelle untergebracht. Aufgrund der schlechten Haftbedingungen erlitt Özcan eine Lungenentzündung.
Nachdem die Gefängnisärzte am 18. Januar 2017 die Lungenentzündung diagnostizierten, wurde entschieden, dass Özcan im Gefängnis weiter behandelt werden soll. Am nächsten Tag verspäteten sich drei Inhaftierte in der Zelle von Özcan zu den täglichen Routinekontrollen, woraufhin die Gefängniswärter die Zelle stürmten.
Anschließend musste auch Özcan zur Bestrafung 20 Minuten lang im Gefängnishof in der Kälte stehend warten. Dabei soll er gesagt haben, dass er im Jenseits nach seinem Recht suchen werde. Das führte dazu, dass Gefängniswärter ihn folterten. Der Anklageschrift ist zu entnehmen, dass nach diesem Satz seine Arme von den Gefängniswärtern umgedreht wurden und Özcan auf dem Boden liegen musste. Dabei versuchte er zu erklären, dass er Probleme an seinem Arm habe. Dennoch hat man ihn besonders am linken Arm mehrfach geschlagen.
Laut dem Bericht des staatlichen Krankenhauses von Manisa sind durch diese Schläge Brüche an seinem Arm zustandegekommen, die lebenswichtige Funktionen beeinträchtigen und lebenslänglich bestehen bleiben könnten.
8 Tage lang konnte Özcan nicht operiert werden
Als Özcan trotz seines gebrochenen Arms nicht ins Krankenhaus durfte, verlor er in der Gefängniszelle sein Bewusstsein. Nach etwa 2,5 Stunden wurde sein Arm dunkel und schwoll an. Zwei Ärzte und Apotheker, die in derselben Zelle inhaftiert waren, versuchten die zuständigen von einer Krankenhauseinlieferung zu überzeugen. Am Ende schafften sie es, und Özcan wurde in das staatliche Krankenhaus von Manisa verlegt.
Wegen der Lungenentzündung war die Leber von Özcan in einem schlechten Zustand. Wegen Lebensgefahr konnte er nicht operiert werden. Ihm wurde ständig Blut abgenommen, bis er letztendlich am achten Tag operiert werden konnte.
Juristischer Kampf
Nachdem Ercivan Özcan nach der OP zurück ins Gefängnis gebracht wurde, sah er, dass die beiden Gefängniswärter noch im Dienst waren. Özcan startete daraufhin einen juristischen Kampf. Die beiden Gefängniswärter wurden von der Gefängnisverwaltung immer wieder in die Zelle von Özcan geschickt. So verstärkte dieser seinen Kampf und schlug den juristischen Weg ein.
Dabei war Özcan sehr präzise und legte die Berichte der Ärzte vor, wonach ihm die lebensbeeinträchtigenden Verletzungen nachgewiesen wurden. Zudem gab es viele Augenzeugenberichte. Angesichts dieser Nachweise, wurden die zwei Gefängniswärter nach einem langen juristischen Kampf am 13. Mai 2019 letztendlich schuldig gesprochen. Neben dem Verlust des Beamtenstatus wurden die beiden für jeweils sechs Jahren Haft verurteilt. Aufgrund der guten Verhaltensweise während des Gerichtsprozesses wurden diese Strafen dann auf fünf Jahre reduziert.
Ercivan Özcan wurde an seinem gesamten Arm operiert.
Ercivan Özcan hat an seinem Arm an Stärke verloren. Da dieser Zustand vermutlich lange anhalten und vielleicht auch nicht verheilen wird, hat Özcan die beiden Gefängniswärter zusätzlich auf Schadensersatz verklagt.
Die deutsche Version wurde leicht redaktionell bearbeitet. Das Original finden Sie hier.